Was ist das Faszinierende an Klettersteigen?
Klettersteige liegen im Trend. Gefühlt schießen sie wie die Pilze aus dem Boden. Anscheinend muss mittlerweile jede Gebirgsregion, die touristisch etwas auf sich hält, einen Klettersteig zu bieten haben. Natürlich macht die Kombination aus relativ geringer Vorbereitung und Adrenalinkick einfach Spaß. Gleichzeitig klagen die Bergwachten über steigende Einsätze und warnen vor Selbstüberschätzung. Was ist nun dran am Boom der Klettersteige?
Was ist ein Klettersteig?
Klettersteige heißen auf Italienisch ‚Via Ferrata’. Diesen Begriff gebraucht man auch im deutschen Sprachraum häufig, denn er trifft es eigentlich ziemlich genau. Ein Klettersteig ist zunächst einmal ein Weg, der mit verschiedenen Eisen- und Stahlelementen wie Leitern, Seilen, Griffen und Tritten ausgestattet ist. Bei einem modernen Klettersteig kann man davon ausgehen, dass er durchgehend mit einem Sicherungsseil versehen ist. Ein eiserner Weg eben.
Welche Typen von Klettersteigen gibt es?
Wenn von einem versicherten Weg die Rede ist, handelt es sich im weiteren Sinne schon um einen Klettersteig. Allerdings ist hier kein Sicherungsseil vorhanden, sondern eben nur Hilfen wie eine Leiter oder Halteseile. Diese Wege werden oft ohne spezielle Ausrüstung begangen.
Der klassische Klettersteig verfügt über eine durchgehende Drahtsicherung mit Zwischensicherungen. Klassische Klettersteige gibt es in diversen Schwierigkeitsstufen.
Sportklettersteige sind eher für ambitionierte Kletterer geeignet. Sie haben oft schwierige Passagen ohne Zwischentritte, mit Überhängen und zum Teil spektakulären Elementen.
Welche Schwierigkeitskategorien gibt es?
Klettersteige werden kategorisiert, um eine Einschätzung leichter zu machen. Die Schall-Skala ordnet Klettersteige von A (leicht) bis F (mehr als extrem schwierig).
- Die Kategorie A verfügt bereits über ausgesetzte Passagen, so dass Schwindelfreiheit und Trittsicherheit bereits hier empfohlen werden. Auch eine Klettersteigausrüstung wird empfohlen. Dabei kannst du hier auch immer wieder Geübte antreffen, die ohne Sicherung gehen.
- In der Kategorie B wird es schon etwas steiler. Hier ist zusätzlich eine gute Kondition nötig sowie etwas Kraft in Armen und Beinen. Die ausgesetzten Passagen können etwas länger werden, auch längere Leitern oder kleinere Tritte sind möglich. Hier sollte man nur gesichert gehen.
- Die Kategorie C gilt als schwierig. Das Gelände ist steil, hier können längere oder ausgesetzte Passagen, überhängende Leitern, weiter auseinander liegende Klammern und Stifte, senkrechte Abschnitte nur mit Drahtseil vorkommen. Hier sind Kraft in Armen und Beinen neben der Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sowie guter Kondition nötig. Kinder oder Ungeübte müssen eventuell nachgesichert werden.
- Die Kategorie D ist definitiv weder für Anfänger noch für Kinder geeignet. Hier braucht man nicht nur auf jeden Fall eine Klettersteigausrüstung. Selbst Geübte werden sich oft zusätzlich gegenseitig sichern. Das Gelände ist meistens ausgesetzt, senkrecht oder überhängend. Auch an ausgesetzten Stellen gibt es oft nur ein Drahtseil. Auch kleinere Kletterstellen können vorhanden sein. Es sollte auf jeden Fall genügend Kraft (auch in den Händen) und Kondition mitgebracht werden.
- Kategorie E ist mit Kletterei durchmischt. Dementsprechend ist viel Kraft in den Fingern, Händen, Armen und Beinen, ausgesprochen viel Kondition, Beweglichkeit und eine gute Technik nötig.
- Gesteigert wird das Ganze noch durch Kategorie F. An die sollte sich wirklich nur der heranwagen, der Kategorie E locker hinbekommt. Es gibt nur wenige Klettersteige dieser Kategorie.
Für wen sind Klettersteige geeignet?
Klettersteige setzen eine gewisse Fitness voraus, die natürlich vom Schwierigkeitsgrad abhängt. Wer sich an einen Klettersteig wagt, sollte jedenfalls weitgehend schwindelfrei und trittsicher sein, auch schon für einen Klettersteig der Kategorie A. Mit höherer Kategorie steigen die Anforderungen rasant. Ab Kategorie C sollten Anfänger lieber zunächst einmal einen einfacheren Klettersteig ausprobieren. Kategorie F ist nur absoluten Könnern vorbehalten.
Darüber hinaus sind Klettersteige für Menschen mit Spaß am Adrenalinkick und Freude am Naturerlebnis das Richtige.
Welche Ausrüstung wird benötigt?
Neben einem passenden Klettergurt (entweder ein gut sitzender klassischer Hüftsitzgurt, die Kombination aus Brust- und Hüftgurt oder besonders geeignet ein Komplettgurt) brauchst du ein Klettersteigset.
Das Klettersteigset sollte nach der Norm EN 958 zertifiziert sein. Das Klettersteigset wird über die Einbindeschlaufe mit einem Ankerstichknoten mit dem Klettergurt verbunden. Die zwei Klettersteigkarabiner werden am Sicherungsseil eingehängt. Der Bandfalldämpfer ist ein System aus Bändern, die im Fall eines Sturzes reißen und damit einen Teil der Energie des Sturzes abfangen, um seine Wirkung abzuschwächen.
Ein Kletterhelm (kein Fahrradhelm) ist ebenfalls Pflicht. Nützlich sind Kletterhandschuhe. Das Schuhwerk sollte auf das Terrain abgestimmt sein, im Zweifelsfall gute Wanderschuhe oder Zustiegsschuhe.
Wie sichert man sich am Steig?
Die Sicherung funktioniert so, dass du beide Klettersteigkarabiner deines Klettersteigsets am Sicherungsseil einhakst und mit der Hand mitführst, bis zu eine Zwischensicherung erreichst. Dort hakst du einen der Karabiner aus und hängst ihn nach der Zwischensicherung wieder ein. Danach verfährst du mit dem zweiten Karabiner genauso. So bist du ununterbrochen mit mindestens einem Karabiner gesichert, den gesamten Steig entlang.
Was ist sonst noch zu beachten?
Auf keinen Fall solltest du die Ausdauer unterschätzen. Fang daher lieber mit einem leichten Klettersteig an.
Trage den Helm auch schon, bevor das Sicherungsseil einsetzt. Oft beginnt die Steinschlagzone bereits früher. Sinnvoll ist für Neulinge eine technische Einweisung. Manche Klettergärten bieten so etwas an, aber auch der Alpenverein oder die Bergwacht. Erkundige dich in jedem Fall vorher genau über den Klettersteig und steige nur dann ein wenn du dich gut fühlst.
Bevor du einsteigst, erledige alles, was drinnen schlecht geht: essen, Toilettengang, mit Sonnencreme eincremen …
Manche Klettersteigsets verfügen über eine Ruheschlaufe. Die kann zum Rasten oder auch Fotografieren genutzt werden. Wenn es weitergeht, wird sie wieder vom Drahtseil ausgehängt. Normale Klettersteigsets lassen sich um eine solche Rastschlinge erweitern.
Viele der Klettersteige in den Dolomiten sind als Versorgungswege für die Gebirgsfront im ersten Weltkrieg entstanden. Heute entstehen spektakuläre Klettersteige auch in Talbodennähe, um möglichst viele Touristen anzuziehen.
Was fasziniert so an Klettersteigen?
Klettersteige führen über Strecken und an Orte, die man als ‚normaler’ Wanderer nicht erreicht. Sie bieten Herausforderung und Adrenalinkick. Klettersteige existieren in diversen Varianten und Schwierigkeitsstufen. So ist sowohl für den abenteuersüchtigen Neuling als auch für den passionierten Klettersteiggeher, der sich diesem Sport verschrieben hat, eine faszinierende Auswahl vorhanden.